Grundtechniken Savate

I. Der Savate-Gruß – Le salut

Der Savate-Gruß drückt Respekt gegenüber unserem Gegner sowie der Sportart aus. Gegrüßt wird zu Anfang und Ende eines Trainings sowie vor und nach jedem Kampf. Während man mit geschlossenen Füßen seinem Gegner oder Trainingspartner gegenübersteht, wird die geschlossene Faust der rechten Hand auf die linke Brust gelegt; zum Grüßen streckt man die Faust gerade nach vorne aus und bringt sie anschließend in die Ausgangsposition zurück.   

II. Kampfstellung und Beinarbeit – La garde et déplacement

La garde: Die Kampfstellung im Savate gleicht in etwa der Standardkampfstellung des Boxens; auch hier werden Links- (garde à gauche) und Rechtsauslage (garde à droite) unterschieden. Bei der Linksauslage (Rechtshänder) steht der linke Fuß vorn, der rechte etwa schulterbreit nach rechts und hinten versetzt. Die Knie sind leicht angewinkelt, die Fußspitzen sind zum Gegner gerichtet; bewegt wird sich auf den Fußballen. Die Ellenbogen sind nah am Körper, die Innenflächen der Boxhandschuhe liegen sich gegenüber, wobei die linke Faust etwas vor der rechten sein kann. Die rechte Faust befindet sich immer etwa auf Wangenhöhe; Im Nahkampf werden die Schultern nach oben gezogen, um das Kinn zu schützen; bei der Bewegung in der Trittdistanz sind die Schultern locker, der Oberkörper leicht schräg dem Gegner zugewandt.     

Les déplacements: Savate ist eine vergleichsweise sehr schnelle Kampfsportart. Savateure sind häufig federnd gleitend also leicht hüpfend unterwegs, wobei viele Tritttechniken aus dieser Bewegung heraus ausgeführt werden. 

Federnd-gleitende Grundbewegung (déplacements sautillés)

Die Grundbewegung im Savate basiert auf dem Prinzip der impulsion – répulsion, welches im Boxen als federnd-gleitende Bewegung bezeichnet wird. Hierbei springt der Kämpfer in seiner Kampfstellung auf den Ballen immer wieder leicht vor und zurück, ohne die Grundstellung zu verändern. Im Zweikampf befinden sich die Kämpfer dabei meistens direkt gegenüber; die (gedachte) Linie, die sich dabei bildet, nennt man l’axe d’affrontement. Die Vorwärtsbewegung, bei der auf dieser Linie der vordere Fuß zuerst und danach der hintere nach vorne und die Rückwärtsbewegung, bei der erst der hintere und dann der vordere Fuß nach hinten bewegt werden, nennen sich déplacement avant und déplacement arrière. Wenn die frontale Kampflinie seitlich verlassen wird, spricht man beim Verlassen mit einem Bein vom décalage und beim Verlassen mit beiden Beinen vom débordement

III. Trefferebenen und -flächen – Les lignes et cibles

Im Savate gibt es drei Trefferebenen, auf welchen die erlaubten Trefferflächen liegen:

  • Ligne haute (figure) – Schläge und Tritte zum Kopf
  • Ligne mediane (corps) – Schläge und Tritte zum gesamten Oberkörper; Tritte dürfen darüber hinaus zum Rücken ausgeführt werden.
  • Ligne bas (jambe) – Tritte zu den Beinen (Ober- und Unterschenkel sowie Fuß mit jeweils bestimmten Techniken)
  • Verbotene Trefferzonen – Hinterkopf, Brust bei den Damen, Unterleib, Rücken für Faustschläge

IV. Fausttechniken – Les coups de poing

Die Faustschläge im Savate sind die gleichen, die es beim Boxen gibt. Sie zielen auf Kopf oder Oberkörper.

  • Directe avant – Direkter Faustschlag mit der führenden Hand (jab)
  • Directe arriere – Direkter Faustschlag mit der Schlaghand (cross)

  • Uppercut – Aufwärtshaken
  • Crochet – Kopf- oder Körperhaken (hook)

V. Fußtechniken – Les coups de pieds 

Alle Fußtritte (bis auf coup de pied bas) bestehen aus drei Phasen: dem Anheben (armé) und dem Ausstrecken des Beins in Richtung des Gegners. Anschließend wird das Bein in die Armé-Stellung zurückgezogen, um nochmals zu treten oder es abzusetzen.

Le fouetté – peitschenartig ausgeführter, von der Seite kommender Fußtritt mit dem vorderen oder hinteren Bein:

  • Armé
    • Seitliches Anheben des Beines zur Brust und Anwinkeln des Unterschenkels.
    • Gleichzeitiges Eindrehen des Standbeines mit der Ferse Richtung Gegner.
  • Streckung
    • Das Ausstrecken des Beines findet über eine schnappende Bewegung des Unterschenkels und ein Strecken des Oberschenkels und der Hüfte Richtung Gegner statt; je nachdem ob mit dem Spann oder der Fußspitze getroffen werden soll, ist der Fuß ist dabei gestreckt oder angewinkelt; bei Tritten zum Bein wird das Standbein wird leicht gebeugt.

Le chassé lateral – gestoßen ausgeführter, seitlicher Fußtritt mit dem vorderen oder hinteren Bein (side kick):

  • Armé
    • Anheben des Beines in Richtung Brust und Anwinkeln des Unterschenkels, wobei der seitliche Rücken und die Fußsohle zum Gegner gerichtet sind.
    • Gleichzeitiges Eindrehen des Standbeines mit der Hacke Richtung Gegner; Standbein ist bei Tritten zum Bein leicht angewinkelt.
  • Entladung
    • Strecken des Beines inkl. Unterschenkel Richtung Zielpunkt; der Fuß trifft mit der Sohle des Schuhs den gewünschten Zielpunkt des Gegners.

Le chassé frontal – gestoßen ausgeführter Fußtritt zum Bauch, zur Brust oder zum Kopf des Gegners (front kick):

  • Armé
    • Anheben des vorderen oder hinteren Beines zur Brust und Anwinkeln des Unterschenkels. Position ist frontal zum Gegner, Standbein und Fuß bleiben unverändert.
  • Streckung
    • Strecken des Beines und des Unterschenkels Richtung Zielpunkt; die Hüfte wird nach vorne gestreckt; der Fuß ist dabei nach oben gezogen und die Sohle des Schuhs trifft den gewünschten Zielpunkt.

Le revers – zirkulär geschwungen ausgeführter Fußtritt mit gestrecktem Bein (hook / crescent kick):

Den revers gibt es in zwei Ausführungen: revers latéral und revers frontal

  • Das gestreckte Bein beschreibt mit gestrecktem Fuß von seiner Position am Boden eine kreisförmige/ovale Bewegung bis zu dieser Position zurück.
  • Beim revers latéral ist der Körper seitlich zum Gegner ausgerichtet, der Fußaußenrand des tretenden Beins zeigt nach oben, wobei mit der Sohle oder der Ferse getroffen wird. Der Fuß des Standbeins wird mind. 90° bis zu 180° nach außen gedreht. Er kann auch mit armé (wie beim chasse lateral) ausgeführt werden, wobei aus dieser Position das Bein neben den Körper/Kopf des Gegners geführt und anschließend Richtung Gegner bewegt wird.
  • Beim revers frontal ist der Körper frontal zum Gegner ausgerichtet, die Fußspitze des tretenden Beins zeigt nach oben, wobei mit der Fußaußenseite getroffen wird. Das Standbein wird nicht oder nur wenig ausgedreht.
  • Der höchste Punkt dieser Kreisbewegung ist gleichzeitig der Zielpunkt = Kopf, Bauch oder Ober- / Unterschenkel des Gegners.

Le coup de pied bas – kann in zwei Varianten, als Tritt zum Schienbein oder als  Fußfeger ausgeführt werden kann (olique kick / foot sweep):

  • Le coup de pied bas de frappe – mit dem gestreckten hinteren Bein ausgeführter Pendeltritt zum Schienbein des Gegners; es trifft die Fußinnenseite.
  • Le coup de pied bas de déséquilibre – hier wird versucht, den Gegner zu fegen, indem der Tritt z.B. von hinten gegen den Fuß oder von vorn mit dem vorderen Fuß gegen die Fußinnenseite des Gegners geführt wird.

Alle Tritte können zudem aus der Drehung (tournant) sowie gesprungen (saute) ausgeführt werden.

https://www.youtube.com/watch?v=o8J7fdeoZ64 https://www.youtube.com/watch?v=hoXMV7i05GQ

Verbotene Techniken: Tritte mit dem Schienbein, Ellenbogenschläge, Kopfstöße, Knietritte, frontale Snap-kicks (fouetté frontal), Back-kicks, Axe-kicks, Innenhände, Rückhand- und Hammerschläge, Festhalten, Würfe

VI. Verteidigung: Ausweichen und Paraden – Les esquives et parades

Zur Verteidigung stehen dem Savateur viele Mittel zur Verfügung, die grundlegend in Ausweichen und Parieren unterteilt werden können. Ziel ist es Treffer durch Tritte und Faustschläge zu verhindern.

Die Ausweichmanöver (Esquives):  

Bei Ausweichmanövern wird mit dem ganzen Körper oder Teilen des Körpers Tritten oder Schlägen ausgewichen.

  1. Esquive totale – Ausweichen mit dem ganzen Körper.
  2. Esquive partielle – Ausweichen mit einem Teil des Körpers.

Besipiele für Arten des esquive partielle

Gegen Faustschläge und hohe Tritte:

  • Esquive rotative – Rollen des Oberkörpers gegen crochet oder revers.
  • Esquive par retrait du buste – Rückneigen, Kopf und Oberkörper neigen sich nach hinten gegen alle Angriffe zum Kopf.   
  • Esquive latérale du buste  Abducken des Oberkörpers schräg nach vorn an der Außenseite des gegnerischen Armes vorbei gegen directe (slip).

Gegen tiefe Tritte:

  • Esquive sur place – das vordere Bein wird bei Angriff durch einen tiefen Tritt kurz zurückgenommen und kurzzeitig neben dem Standbein auf der Fußspitze abgestellt und kann z.B. sofort mit fouetté eine riposte ausführen. 
  • Esquive en haute – das vordere Bein wird bei Angriff durch coup de pied bas nach oben genommen und kann z.B. sofort einen chassé frontal als riposte ausführen.  
  • Esquive à l’interieur – das vordere Bein wird bei Angriff durch einen tiefen Tritt neben dem Standbein abgesetzt, sodass sich die Beine kurz überkreuzen; aus dieser Position können z.B. ein gedrehter Tritt oder ein revers frontal als riposte ausgeführt werden.   
  • Changement de garde – Wechseln der Auslage gegen coup de pied bas. 

Die Paraden (Parades): 

Bei Paraden werden Schläge und Tritte mit den Armen abgewehrt.

  1. Parades bloquées – das Abfangen von Tritten und Schlägen mittels aktiver Parade, welche den Angriff des Gegners entgegengehend blockieren, wie z.B. das Abfangen eines fouetté figure mit der gegenüberliegenden Hand als parade en opposition.
  2. Parades chassées – das Ablenken von Tritten und Schlägen mittels aktiver Parade, wie z.B. das Weiterführen eines fouetté oder Umleiten eines chassé mit der gegenüberliegenden Faust.
  3. Parades en protection – das Stoppen von Tritten und Schlägen mittels passiver Deckung, wie z.B. mit einer schützenden Doppeldeckung.

VII. Gegenangriffe – Les contre-attaques

Gegenangriffe können in Form von Angriffen nach Paraden oder dem Ausweichen als riposte bzw. remise oder antizipierend als contre ausgeführt werden. Eine weitere Form ist der coup d’arrêt (Stopptritt bzw. -schlag), bei welchem ein Tritt auf Bein oder Oberkörper bzw. Schlag auf Oberkörper oder Kopf des Gegners ausgeführt wird, bevor dieser eine eigene Technik ausführen kann.

VIII. Die Finten – Les feintes

Bei Finten werden Bewegungen oder Techniken angetäuscht, um beim Gegner eine bestimmte Erwartungshaltung zu provozieren, welche dann aber nicht erfolgt, um bspw. Freiräume in der Deckung des Gegners  zu schaffen oder diesen in eine bestimmte Position zu bringen. Die Kunst hierbei besteht darin, dem Gegner glaubhaft vorzuspielen, dass etwas bestimmtes passieren wird. Es werden fünf Grundfinten unterschieden, welche auch kombiniert werden können:

  1. La feinte d’attitude – Richtungsfinte:  bei dieser soll der Gegner überzeugt werden, dass sich in eine bestimmte Richtung bewegt wird, um diesen in eine bestimmte Position zu bringen (z.B. kann in der Rückwärtsbewegung der Gegner veranlasst werden, zu folgen, wobei sich etwa mit einer Seitwärtsbewegung dem Gegner schnell wieder genähert werden kann).

  2. La feinte de cible – Zielfinte: hier wird angetäuscht, dass eine bestimmte Trefferfläche oder -ebene getroffen werden soll, wobei die ausgeführte Technik ein anderes Ziel trifft (z.B. angetäuschter fouetté bas, der zum Kopf als fouetté figure geht).

  3. La feinte de trajectoire – Flugbahnfinte: generell werden im Savate gerade und zirkulär ausgeführte Techniken unterschieden; bei dieser Finte soll der Gegner überzeugt werden, dass bspw. eine gerade Technik zu erwarten ist, obwohl schlussendlich eine zirkuläre Technik ausgeführt wird (z.B. wird ein chassé frontal angetäuscht, aber ein fouetté ausgeführt (ähnlich dem sog. „questionmark kick“)).

  4. La feinte d’arme – Waffenfinte: vier „Waffen“ (linker / rechter Fuß und linke / rechte Faust) stehen dem Kämpfer beim Savate zur Verfügung. Bei dieser Finte wird scheinbar eine Technik mit einer dieser Waffen ausgeführt, aber eine andere Waffe benutzt (z.B. angetäuschter chassé frontal  wird zu einem gesprungenem directe (ähnlich dem sog. „Superman-punch“))

  5. La feinte de technique – Technikfinte, es wird eine Technik angetäuscht, tatsächlich aber eine andere ausgeführt (siehe auch feinte de trajectoire).

Quellen

Schmitt, Gerhard (2009): Savate. Französisches Boxen Stockkampf Selbstverteidigung. Weinmann

Fédération Francaise de SAVATE boxe française et Disciplines Associées (2023): Cahier N° 1. La filiere formation. Online: https://www.ffsavate.com/content/uploads/2023/11/CAHIER-1-la-filiere-MAJ-nov2023.pdf

Lales, Christian (ohne Jahr): Bien comprendre la Savate boxe française pour mieux l’enseigner. Online: https://guc-boxe.fr/wp-content/uploads/2022/03/Comprendre.Enseigner.pdf

Videos mit der freundlichen Erlaubnis von

Peter Straub: Youtube Channel Peter Straub. Online: https://www.youtube.com/@peterstraub2280